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Jahresanalyse 2021


Im zweiten Jahr nach Beginn der Einschränkungen durch die Corona-Krise zeigt sich im Naturkostfachhandel eine sehr dynamische Entwicklung: Nach einem starken Start gehen die Umsätze vor allem im letzten Quartal spürbar zurück. Verbunden mit dem Blick auf die Bonentwicklung ergibt sich ein durchwachsenes Bild - und es finden sich Indizien für eine mögliche Trendwende, welche Bioläden mit zunehmenden Herausforderungen konfrontieren wird.

 


Wachstumsstarker Start - ernüchterndes Ende


Als wir im Jahr 2021 die ersten Ergebnisse unseres Umsatzbarometers veröffentlichten, schien sich auf den ersten Blick der überaus positive Trend aus dem Vorjahr durchaus noch zu bestätigen: Das Umsatzplus im ersten Quartal lag bei 4,6 Prozent, und auch wenn das nicht mehr die zweistelligen Zusatzraten aus dem Jahr 2020 (Gesamtjahr +16,4%) waren, schien die Welt zum Jahresbeginn noch mehr oder weniger in Ordnung zu sein. Viele vergaßen, dass für die ersten beiden Monate als Vergleichswerte noch Umsätze aus prä-pandemischen Zeiten galten. Dass die Corona-Krise im Naturkostfachhandel zu zusätzlichen Absätzen führte ist inzwischen bekannt, die möglichen Ursachen wurden mehrfach beschrieben. Doch schnell stellte sich auch die Frage, wie nachhaltig diese Veränderungen im Kundenverhalten denn sein werden. Die satten Gewinne aus 2020 stimmten optimistisch.



Ein tieferer Blick auf das Gesamtjahr gibt nun die Möglichkeit, eine differenziertere und auch etwas ernüchternde Antwort zu geben: Die Absatzzahlen stagnieren seit März und gingen vor allem im letzten Quartal (-10,5%) für alle spürbar zurück. Schon im Sommer warnten wir im Blog vor einer möglichen Trendwende: Die Sondereffekte, die zwischenzeitlich zusätzliche Umsätze in den Fachhandel spülten, verloren zunehmend an Wirkung. Darüber hinaus steht die Frage im Raum, wann und wie sich die gesamtwirtschaftlichen Folgen der Maßnahmen auch in unserer Branche zeigen werden. Der Verdacht liegt nahe, dass sich genau diese Entwicklung jetzt langsam zeigt. Im Jahr 2021 fiel das Weihnachtsgeschäft um 11 Prozent schwächer aus als im Jahr zuvor und bestätigte damit die negative Tendenz der Vormonate.

 


Ein Blick zurück: Vergleich mit den Zahlen "vor Corona"


Aufgrund der nachhaltigen Datenerfassung im Umsatzbarometer können wir dank der teilnehmenden Händler auch längerfristige Analysen durchführen. Nehmen wir zum Beispiel diese Sonderauswertung der Wachstumszahlen über die letzten ZWEI Jahre und stellen die Werte ins Verhältnis zu dem relativ "normalen Jahr" 2019: Es zeigt sich, dass wir es in der zweiten Jahreshälfte 2021 tatsächlich mit einer vermeintlichen Trendwende zu tun haben. Verglichen mit den Monaten Januar-Mai sind die Umsatzzuwächse eingebrochen!



Die Bioläden in Deutschland haben in der Corona-Zeit zunächst wirtschaftlich profitiert: So waren Verbraucher, die sich einen "geschmacklichen Genuss" leisten wollten (und konnten), aufgrund der geschlossenen Gastronomie "gezwungen", sich auf anderen Wegen mit "etwas Besonderem" zu verwöhnen. Nimmt man den unterstellten Trend, dass sich einige Menschen auch bewusst gesünder ernähren wollten, als These mit dazu, erklärt sich leicht, wie es zu den durchschnittlichen Wachstums-Zahlen von über 10 Prozent pro Jahr gekommen ist. Seitdem Restaurants nun zunehmend wieder (zumindest teilweise) geöffnet haben, kehren einige Kundengruppen wieder in die Gastronomie zurück. Soweit ein erwartbarer Effekt, der Teile des zwischenzeitlichen Wachstums einfach wieder korrigierte. Dass sich aber auch substanziell etwas verändert haben kann wird sichtbar, wenn man das Wachstum der Netto-Umsätze mit der Inflationsrate der letzten zwei Jahre ins Verhältnis bringt: Bedenkt man, dass sich die zunehmend steigenden Preise für Energie, Rohstoffe und sonstige betriebliche Ausgaben (faktisch handelt es sich bei einer Inflation eigentlich um eine Geldentwertung) der letzten Monate auch irgendwann im Lebensmitteleinzelhandel wiederspiegeln müssen, liegen die Umsätze der letzten Monate praktisch auf dem Niveau von 2019 - es zeigt sich aktuell also rechnerisch ein "Nullwachstum" der realen Absätze über zwei Jahre. Ungewöhnlich für eine Branche, die in den letzten Jahren durchweg von überdurchschnittlichem Wachstum geprägt war. Offen bleibt die Frage nach den tatsächlichen Ursachen: Zeigen sich hier die Vorboten einer größeren wirtschaftlichen Krise, die man durch die teilweise sehr starken Einschränkungen während der Coronazeit als logisch und absehbar bezeichnen kann oder bewegen wir uns in die Richtung einer Hyperinflation? Hat sich der "Trend zu Bio, Nachhaltigkeit und bewusster Ernährung" in den letzten zwei Jahren einfach wieder etwas zurück entwickelt? Oder schaffen es inhabergeführte Bioläden derzeit einfach nur nicht, die steigenden Anforderungen und Wünsche der Verbraucher zeitgemäß zu erfüllen? Man kann (und darf) auf vielen Ebenen trefflich spekulieren, pragmatischer ist die Frage was man als Inhaber eines Bioladens anhand von Zahlen bewerten und am Ende auch tatsächlich beeinflussen kann.



 

Durchschnittsbons auf hohem Niveau relativ stabil

Eine etablierte Möglichkeit die Umsatzentwicklung inhaltlich zu interpretieren bietet die Analyse der erzielten Durchschnittsbons. Sie ermöglicht Rückschlüsse auf die Zahl möglicher Stamm- und Neukunden und auf niedriger Ebene auch auf die innerbetrieblichen Prozesse: So lag der durchschnittliche Einkaufswert in der Corona-Zeit deutlich über dem Niveau der letzten Jahre. Eine Sonder-Auswertung, die wir jetzt mit einer Stichprobe aus den Umsatzbarometer teilnehmenden Händler vorgenommen haben, gibt für das Jahr 2021 einen minimalen Rückgang zum Vorjahr von 1,5 Prozent aus. Im Vergleich mit 2019 ist der Durchschnittsbon von 27,55€ aber weiterhin deutlich (+20,6%) über dem damaligen Niveau, als er bei 22,84€ lag. Im Jahresverlauf zeigt sich aber auch hier eine spürbare Verschiebung:





 


Fazit: Eine These, pragmatische Tipps und der Blick in die Zukunft

Was sagt uns das alles? Nun, vereinfacht gesagt haben wir in den letzten 6 Monaten im Vergleich zu 2020 einen deutlichen Umsatzrückgang (Quartal 3: -4,0%; Quartal 4: -9,4%), die Bonhöhe ging in diesem Zeitraum in einer ähnlichen Größenordnung zurück. Es ist also offensichtlich nicht so, dass die Kunden aktuell einfach nur etwas weniger einkaufen, weil sie wieder öfter die Angebote der Gastronomie in Anspruch nehmen! Sowohl der Blick auf die Inflation als auch auf die Bonentwicklung zeigt Indizien, dass sich dahinter mehr verbirgt. Und auch wenn sich diese Stichproben-Ergebnisse in den nächsten Monaten erst noch bestätigen müssen, lässt sich aus den aktuellen Zahlen folgende These ableiten:


 

"Die aktuellen Umsatzrückgänge lassen sich nur zum Teil durch eine im aktuellen Corona-Umfeld erwartbare 'Normalisierung' des Kundenverhaltens begründen: Der andere Teil ist tatsächlich im 'Wegbleiben' von Kunden zu erklären!"

 

Es ist sicherlich noch nicht an der Zeit, die ganz großen Alarmglocken zu läuten... Aber jeder einzelne Bioladen sollte sich seine eigenen Zahlen gerade in solch dynamischen Zeiten sehr genau anschauen und sich zumindest auch mal mit einem Szenario ohne das "gewohnte stetige Wachstum" der letzten Jahre beschäftigen. Ganz pragmatisch lassen sich für Inhaber und Mitarbeiter in Bioläden aktuell folgende Empfehlungen ableiten:

1. Vorsicht bei größeren Investitionen: Der Markt ist unruhig und schwer zu beurteilen!

2. Wichtiges ToDo: Aktive und gründliche Preisnachführung um Inflation auszugleichen!

3. Strategisch werben: Liquidität nutzen um Kunden zu binden und Neukunden gewinnen!

Wir sind in jedem Fall sehr gespannt, wie sich die Umsätze jetzt im Jahr 2022 weiter entwickeln und werden bestmöglich dabei helfen, den inhabergeführten Fachhandel auch weiterhin "fit für die Zukunft" zu machen. Für eine erste Einordnung der eigenen Zahlen bietet sich unser ContRate-Betriebsvergleich an, in unseren Erfahrungs-Austausch-Gruppen werden die aktuellen Entwicklungen natürlich auch diskutiert und bei individuelle Fragen stehen wir natürlich auch jederzeit gerne telefonisch zur Verfügung.

 


Die Teilnahme am Umsatzbarometer ist für Einzelhändler kostenfrei:

Die Erfassung erfolgt per Abfrage einmal im Quartal und alle Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt und nur anonymisiert veröffentlicht. Jeder weitere Teilnehmer erhöht die Aussagekraft der Auswertungen für die gesamte Branche, die regelmäßig im BioHandel veröffentlicht werden. Bei Fragen stehen wir natürlich jederzeit zur Verfügung!



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